Ganz einfach: weil Sie erfolgreicher sein möchten als der Wettbewerb.
Das Problem der Anbieter
Sie möchten eine Dienstleistung oder ein Produkt online vermarkten?
Betrachten wir das Problem zunächst aus Anbietersicht. Die erste Frage lautet: “Wie und wo finde ich die Nachfrager für meine Produkte oder Dienstleistungen?”
Place
Grenzen Sie das Gebiet ein. Die einfachste Segmentierung ist das geographische Gebiet, in dem Sie tätig sind: lokal, regional, national oder international?
Promotion
Die zweite Frage ist: “Wie kann ich die potentiellen Kunden über mein Angebot informieren?”
Wollen Sie die Informationen breit streuen? Diese Möglichkeit heißt Push-Marketing. Typische Offline-Werbemittel sind: TV-Spots, Anzeigen in Zeitungen & Zeitschriften, Pressemitteilungen, Außenwerbung. Die analogen Online-Werbemittel wären: Display-Werbung auf Webseiten: Banner, Popups, Videoanzeigen, Interstitials. Oder einfach nur hässlicher Spam: Massen-E-Mails, Kommentar- oder Forenspam, bezahlte Reviews oder Links. Gemeinsam ist allen diesen Werbeformen, dass sie den Adressaten in seiner aktuellen Tätigkeit unterbrechen, um Aufmerksamkeit zu bekommen.
Tim Wu (Autor und Lehrstuhlinhaber an der Columbia Law School) nennt es daher “Auferksamkeitsdiebstahl”. Rand Fishkin (Wizard of MOZ) nennt es einfach Interruption Marketing.
Das macht sicher Sinn für Hersteller von Markenprodukten, die sehr viele Konsumenten ansprechen. Und es gibt auch sehr witzige, informative oder kreative Werbung. Aber in den meisten Fällen ist eine es Verschwendung von Ressourcen – und aus Kundensicht ein Ärgernis.
Push oder Pull?
Glücklicherweise gibt es im Online-Marketing eine Alternative: Pull-Marketing oder Inbound-Marketing. Ganz vereinfacht gesagt, wird der Adressat meiner Werbung dort abgeholt, wo sie oder er sich als Interessent outet: durch die Suchbegriffe, die er bei Google, Bing, Amazon oder LinkedIn eingibt; durch die Anforderung eines Newsletters, einer Studie oder E‑Books; durch Abonnieren, Kommentieren, “Folgen” eines YouTube-Channels, eines Facebook‑, Twitter- oder Instagramm-Accounts.
Nach Angaben von Rand Fishkin sind durch Interessen geleitete Klicks für 90% des Internet-Traffics verantwortlich. Inbound-Marketing ist nicht nur zielgerichteter, sondern auch auch günstiger und nachhaltiger.
Das Problem der Nachfrager
Und wie geht Inbound-Marketing ganz praktisch? Zunächst einmal ist es immer eine gute Idee, die Perspektive der Kunden einzunehmen. Deren Problem ist ein ganz ähnliches. “Welcher Anbieter deckt meinen Bedarf – löst mein Problem – am besten?”
Alle Sterne leuchten im Dunkeln. Auch Ihre Wettbewerber machen auf sich aufmerksam. Die Frage ist: “Warum sind einige Anbieter soviel erfolgreicher?” Ich behaupte mal: sie haben eine Strategie.
Was ist eine Strategie?
Eine klassische Definition von Strategie ist: Ein Plan oder eine Methode zur Zielerreichung. “Wie können wir unser Ziel erreichen?”
Im Gegensatz dazu beschreibt Taktik eine bestimmte Aktion: “Wie werden die vorhandenen Ressourcen in einer bestimmten Situation eingesetzt?”
“Alle Menschen können die einzelnen Taktiken sehen, die eine Eroberung möglich machen, doch fast niemand kann die Strategie sehen, aus welcher der Gesamtsieg erwächst.”
― 孫子 ― 兵法
― Sunzi ― Die Kunst des Krieges (ca. 450 v. Chr.)
Eine Strategie besteht nicht nur aus einem Plan. Henry Mintzberg behauptet sogar, dass strategische Planung ein Widerspruch in sich ist. Planen ist eine analytische Tätigkeit, während Strategie eine Synthese darstellt. In seinem Aufsatz “The Strategy Concept 1: Five Ps for Strategy“1 beschreibt er fünf Ansätze zur Strategie-Entwicklung.
- Plan
- Ploy (Trick, Täuschung)
- Pattern (Muster)
- Perspective
- Position
Mintzberg zeigt anhand empirischer Untersuchungen, dass die Strategie einer Unternehmung nicht nur durch intendierte, geplante Handlungen bestimmt wird. Erfolgreiche Unternehmensstrategien können bestehen aus: gemeinsamen Vorstellungen (Perspective), bewussten oder unbewussten Verhaltensmustern (Pattern) oder dem Finden, Gestalten und Behaupten einer Wettbewerbsposition, die eine ökonomische Rente verspricht (Position).
Ob absichtliches oder unabsichtliches Verhalten: Erfolgreiche Ansätze münden in ein Muster, das zur Strategie wird. Für unsere Zwecke ersetzen wir ökonomische Rente durch Deckungsbeitrag2 und erhalten:
Strategie: Finden, Gestalten und Behaupten einer Wettbewerbsposition, die einen positiven Deckungsbeitrag verspricht.
“So, genug der Theorie.” mögen Sie jetzt sagen, “Zeit ist Geld. Was muss ich denn jetzt machen, um an neue Kunden zu kommen?” Einen Moment, bitte. Wir beeilen uns ja. Schauen wir uns doch mal kurz ein mögliches Vorgehen an.
Was ist keine Online-Marketing Strategie?
- Webseite erstellen mit Informationen über das Unternehmen, seine Produkte und Dienstleistungen.
- Promotion der Webseite: Backlinks, Anzeigen in Suchmaschinen, Displaywerbung …
- Erfolgsmessung: Umsatz, Anfragen über die Webseite.
- Optimierung.
Warum ist das keine Strategie? Hört sich doch nach einem guten Plan an, oder? Nun, beispielsweise fehlen einige Elemente, die für eine intendierte Strategie unverzichtbar sind.
Die 4 Elemente der Online-Marketing Strategie
1. Formulierte Ziele
Was ist ein Ziel? “Wir möchten unseren Umsatz steigern” ist ein schöner Wunsch, kein Ziel. Ziele sollten smart sein:
- spezifisch: klar und präzise definiert werden.
- messbar: anhand festgelegter Kriterien überprüfbar sein.
- assignable: zuweisbar sein – jemand muss die Verantwortung für das Ziel übernehmen.
- realistisch: sofern Sie nicht jede Menge Venture Kapital im Rücken haben, berücksichtigen Sie bitte Ressourcen, Realität und Rentabilität.
- terminiert: auf ein Datum fixiert werden.
Dem Vier-Punkte-Plan aus dem Beispiel oben fehlen diese Attribute. Damit aus dem Wunsch ein Ziel wird, könnte eine Online-Händlerin ihr Marketing-Ziel so formulieren:
- spezifisch: 30% Umsatzsteigerung innerhalb 18 Monaten.
- messbar: Messgröße ist der monatliche Nettoumsatz nach Retouren.
- assignable: Verantwortlich ist der für das Marketing-Budget zuständige Mitarbeiter.
- realistisch: Erwarteter ROAS 8, Budget 5% von Nettoumsatz des Vormonates.
- terminiert: Das Ziel werden wir innerhalb 18 Monaten nach Projektstart erreichen.
ROAS
Sorry, ich hab da wieder wieder so ein Akronym eingestreut: den ROAS.
ROAS (Return on Advertising Spend) | = | Umsatz mit Werbemittel | |
Kosten des Werbemittels |
Statt einen ROAS von mindestens 8 festzulegen könnte unsere Online-Händlerin auch einfach sagen: “Für jeweils 1.000 € Umsatz aus dem Webshop kann ich maximal 125 € in das Marketing stecken.”
Der ROAS kann auch als Prozenzahl angegeben werden.
ROAS (Return on Advertising Spend) in % | = | Umsatz mit Werbemittel | * 100 |
Kosten des Werbemittels |
Bitte nicht mit ROI (Return on Investment) verwechseln. ROAS verwendet die Relation Umsatz zu Werbemittel, ROI Gewinn zu Werbemittel. ROAS ist die geeignete Kennzahl, um einzelne Werbekampagnen zu beurteilen. Je höher der ROAS, desto besser funktioniert die Werbemassnahme.
2. Markt- und Wettbewerbsrecherche
Hmm. Das ist ja schon mal eine klare Ansage. Aber ist ein ROAS von 8 überhaupt realistisch? An dieser Stelle ist ein wenig Marktrecherche angebracht.
- Wie wirbt der Wettbewerb?
- Was sind aussichtsreiche Suchbegriffe?
- Was kosten Klicks auf diese Begriffe in der bezahlten Suche?
- Wo hält sich meine Zielgruppe online auf?
- Welche Art von Content könnte meine Kunden interessieren?
- Wie teuer ist der Aufbau organischer Reichweite?
3. Festlegung der Wettbewerbsstrategie
Ohne die Antwort auf die Frage “Was wollen wir erreichen?” bleiben die vier Punkte der Nicht-Strategie was sie sind: eine Aufzählung von Maßnahmen. Effektivität ist immerhin garantiert. Denn solange nicht klar ist, wo die Reise hingehen soll, ist jeder Weg der richtige.
Produkt
Jedes Unternehmen hat eine – wenn auch nicht immer formulierte oder absichtlich verwendete – Unternehmensstrategie (Geschäftsfeldstrategie). Diese legt fest – oder hat bereits vor langer Zeit festgelegt – in welchen Geschäftsfeldern (Produkt/Markt-Kombinationen) das Unternehmen tätig ist, in welche Geschäftsfelder es expandieren oder aus welchen Geschäftsfeldern es sich zurückziehen möchte.
Preis
Die Wettbewerbsstrategie gibt Antwort auf die Frage “Wie wollen wir den Wettbewerb in diesen Geschäftsfeldern gestalten?”
Sie müssen sich entscheiden. Es gibt nur drei generische Wettbewerbsstrategien: streben Sie eine niedrige relative Kostenposition an (Kostenführerschaft) oder bieten Sie den Kunden einen hohen außerpreislichen Nutzen an (Differenzierung)? Beides erreichen zu wollen ist zwar möglich, aber ein strategischer Fehler, den Michael Porter “Kiss of Death” nennt. In einzelnen Zielmärkten kann eine andere Strategie gewählt werden (Segmentierung).
Eine Strategie erzwingt Trade-Off Entscheidungen und begrenzt das Angebot in sinnvoller Weise. Oft wird das Streben nach maximaler betrieblicher Effizienz als Strategie missverstanden. Strategie bedeutet nicht, Geschäftstätigkeiten besser auszuführen als der Wettbewerb:
“Der Kern einer Strategie besteht darin, Geschäftstätigkeiten anders auszuführen als der Wettbewerb.”
– Michel E. Porter – What Is Strategy?4 (1996)
Zusammenfassung: Treffen Sie Entscheidungen. Wen wollen Sie (nicht) als Kunden? In welchem Markt wollen Sie (nicht) antreten? Was machen Sie anders als der Wettbewerb? Konzentrieren Sie Ihre Kommunikation darauf.
4. Taktische Planung, Durchführung und Kontrolle
“Die Kriegführung nun ist also die Anordnung und Führung des Kampfes. … Daraus entspringt nun die ganz verschiedene Tätigkeit, diese Gefechte in sich anzuordnen und zuführen und sie unter sich zum Zweck des Krieges zu verbinden. Das eine ist die Taktik, das andere die Strategie genannt worden.”
– Carl von Clausewitz – Vom Kriege (1827)
Ja, ich weiß, schon wieder so ein militärisches Beispiel. Aber bereits der Begriff Strategie hat seine Wurzeln im Krieg: stratēgós (στρατηγός) hieß das Amt der Heerführer im antiken Athen, heute bezeichnet dies einen Generalsrang.
Contentmarketing-Strategie, wirklich?
Die militärische Analogie hilft auch zu verstehen, was falsch ist an dem Satz: “Wir verfolgen eine Contentmarketing-Strategie”. Wenn Sie bis hierher durchgehalten haben, wissen Sie, es handelt sich um einen Kategorienfehler.
Welche Rolle nimmt der Content in der militärischen Metapher ein? Die der Streitkräfte. Was würden Sie also von einem General halten, der behauptet: “Wir verfolgen eine Streitkräfte-Strategie?” Genau.
Oder so formuliert:
“Content-Marketing is the only marketing left.”
― Seth Godin
“Streitkräfte-Krieg ist der einzig verbleibende Krieg.” Das mag stimmen, bringt aber leider keinen Erkenntnisgewinn.
Was oft gemeint ist, wenn von Content-Marketing gesprochen wird: anstatt nur über das Produkt zu sprechen, wird die Werbung in einen unterhaltsamen, beratenden oder informierenden Kontext gestellt.
Wer jetzt glaubt, das ist der Werbung letzter Schrei, soll doch bitte diese vor 67 Jahren erschienene Anzeige betrachten.
Ich glaube, Sie haben meine Intention erfasst. Content ist keine Strategie, sondern Grundlage des Marketings.
Die Marketing-Maschinen
Bevor wir über die Gefechtsfelder Plattformen reden, lade ich Sie zu einem kleinen Gedankenexperiment ein.
Stellen Sie sich vor, Sie kaufen eine Marketing-Maschine. Jede Maschine wird Ihnen – mehr oder weniger zuverlässig – in Zukunft neue Kunden bringen. Drei verschiedene Modelle stehen zur Auswahl.
Jede Maschine hat einen bestimmten Output, gemessen in Konversionen je Zeiteinheit. Was ist eine Konversion? Das können Sie selbst festlegen, in Abhängigkeit von Ihren Zielen. In einem Online-Shop kann dies eine Bestellung oder die Anmeldung zu einem Newsletter sein. Werden Dienstleistungen angeboten, besteht die Konversion vermutlich aus einer Anfrage (Lead) oder dem Download eines PDFs mit weiterführenden Informationen.
Jede Maschine hat einen bestimmten Input, gemessen in Werbeausgaben je Zeiteinheit und braucht Wartung, gemessen in Wartungsaufwand je Zeiteinheit. Und natürlich gibt es die Maschine nicht umsonst, es sind Anschaffungskosten und Anschaffungsnebenkosten zu berücksichtigen, sowie die Lieferzeit.
Maschine A
Dieses Modell zeichnet sich durch äußerst geringe Anschaffungskosten, schnelle Einsatzbereitschaft und geringen Pflegeaufwand aus. Zudem produziert Maschine A zuverlässigen und vorhersagbaren Output.
Output | 220 – 280 Konversionen / Monat |
Input | 3.000 € / Monat |
Wartung | 400 € / Monat |
Lieferzeit | 1 Monat |
Nachteil: sehr hoher Verbrauch an Input, der sich aber durch geeignete Wartungsmaßnahmen und Einstellungen verringen lässt.
Maschine B
Auch Maschine B ist recht günstig in der Anschaffung. Die Outputmenge ist leider nicht einfach zu prognostizieren, kann aber bei guter Wartung zuverlässig ansteigen.
Output | 10 – 1.000 Konversionen / Monat |
Input | 300 € / Monat |
Wartung | 3.000 € / Monat |
Lieferzeit | 1 Monat |
Maschine C
Das Modell C ist definitiv das teuerste in der Anschaffung, aber nicht auf Input angewiesen, um soliden Output zu liefern. Bei entsprechender Wartung lässt sich der Output noch steigern.
Output | 200 – 300 Konversionen / Monat |
Input | 0 € / Monat |
Wartung | 600 € / Monat |
Lieferzeit | 6 – 12 Monate |
Nachteil: die lange Lieferzeit. Sie werden aber durch geringe Stückkosten bei den Konversionen entschädigt.
Über die Plattformen
Sie haben bestimmt schon erraten, worauf ich hinaus will: die unterschiedlichen Maschinen stehen für drei verschiedene Kanäle im Online-Marketing.
Maschine A • Suchmaschinenanzeigen sind schnell einzurichten und liefern zuverlässig Konversionen. Außerdem lassen sich relativ einfach und kostengünstig Daten zu Suchvolumen und Konversionsraten von Suchbegriffen, Überschriften und Zielseiten gewinnen, die für die Suchmaschinenoptimierung wertvoll sind. Nachteil: die Maschine benötigt zwingend Treibstoff, um Ergebnisse auszuspucken. Bei optimaler Einstellung kann der Verbrauch jedoch erheblich gesenkt werden.
Maschine B • Social Media Marketing ist eine sehr empfindliche Maschine, die nur bei sehr genauer und feinfühliger Einstellung, kontinuierlicher Pflege und vielen Experimenten mit unterschiedlichem Content den gewünschten Output liefert. Löst der Content eine starke emotionale Reaktion aus (Heiterkeit, Inspiriertheit, Staunen, Überraschung …) besteht die Chance auf eine virale Verbreitung. Der Aufbau direkter und unmittelbarer Kommunikationskanäle (Abonnenten, Follower) bewirkt einen sich selbst verstärkenden Effekt.
Maschine B • Social Media Advertising Zusätzlichen Boost erhält Maschine B durch zielgerichtete Anzeigen in sozialen Medien. Anzeigen auf Twitter, Facebook, LinkedIn, YouTube oder anderen Plattformen können sehr zielgerichtet anhand von Interessen oder Demographie ausgestrahlt werden und Resonanz finden. Vorsicht! Falsche Anwendung kann negative Effekte auf den Output haben.
Maschine C • Suchmaschinenoptimierung Diese Maschine kann einzeln oder in Kombination mit den Maschinen A und B betrieben werden. In diesem Fall kann die Effizienz der Maschine C erheblich gesteigert werden. Da die Maschine keinen Treibstoff benötigt, ist der langfristige ROAS in der Regel höher als bei den anderen Maschinen.
Digitale Vermögensgegenstände
Die entscheidende Frage lautet jetzt: “Was wären Sie bereit, für jede der Maschinen zu bezahlen?”
Oben war kurz die Rede vom ROAS (Return On Advertising Spend). Besteht zwischen den Werbeausgaben a und dem Umsatz u eines Werbemittels ein linearer Zusammenhang, kann dieser graphisch so dargestellt werden:
Das Ziel der Online-Händlerin aus dem Beispiel oben (ROAS>8) wäre es, sich in dem Bereich des kleinen roten Keils unten aufzuhalten. Geben Sie für Werbung mehr aus, als Sie Umsatz machen – also wenn a > u – ist die Werbung ineffizient.
Natürlich müssen Sie noch die Herstellkosten je Konversion abziehen. Liegen diese bei 50% des Umsatzes, beginnt die Ineffizienz bei der hellroten Linie. Mit den jetzt vorliegenden Daten können Sie auch den gewinnoptimalen Klickpreis berechnen.
Auch wenn Ihre Werbeagentur vielleicht etwas anderes erzählt: es gibt ineffektive Werbung, die sich negativ auf dem Umsatz auswirkt.5
“Fest steht, falsche Werbung kann den Verkauf eines Produktes sogar verringern. […] Bei einer anderen Untersuchung wurde ermittelt, dass der Konsum einer bestimmten Biermarke gerade bei den Leuten, die sich an die Werbung erinnern konnten, niedriger war als bei denen, die sie nicht wahrgenommen hatten. Die Brauerei hatte somit Millionen von Dollar für eine Werbung ausgegeben, die ihr Bier eher unverkäuflich machte.”
― David Ogilvy ― Über Werbung6 (1983)
Push und Pull
Natürlich ist die ROAS-Funktion in der Realität nicht linear. Insbesondere beim Push-Marketing (mit dem Maschinengewehr in die dunkle Nacht schießen) ist die Kostenkurve eher ansteigend als linear.
Wenn es X € kostet, die Werbebotschaft 50-mal Ihrer Zielgruppe zu übermitteln, kostet es etwa das Doppelte für 100 Kontakte. Der Umsatz wird in diesem Fall ansteigen, aber kaum doppelt so hoch sein. Der Grenznutzen nimmt beständig ab.
Ganz anders bei durch Interesse geleiteten Kontakten: bieten Sie nützliche, relevante und originäre Inhalte, wächst die Wahrscheinlichkeit einer Interaktion mit jedem Kontakt.
Was sind Ihre digitalen Vermögensgegenstände wert?
“Ich habe eine Anzeige gesehen, die nicht nur zwei- oder dreimal, sondern 19½ mehr verkauft hat als eine andere, obwohl bei das gleiche Format hatten und beide im gleichen Medium geschaltet wurden. Und das, obwohl beide Illustrationen hatten und sorgfältig getextet waren. Der entscheidende Unterschied bestand darin, dass in der einen die richtige und in der anderen die falsche Ansprache gewählt worden war.”
― John Caples ― Tested Advertising Methods (1975)
Und das gilt nicht nur für traditionelle Printwerbung, sondern erst recht für das Online-Marketing. Wenn Ihr Durchschnittswerbemittel eine Klickrate (Click Through Rate oder CTR) von unter 2% hat, liegt die Spitzengruppe vielleicht bei über 33%.
Klickrate | = | Klicks auf Anzeige / Tweet / Posting / SERP-Snippet | |
Anzahl der Impressionen |
Eine Klickrate von 2% bedeutet, dass jeder 50. Nutzer, der Ihre Anzeige / Tweet / Posting / SERP-Snippet sieht, dieses auch anklickt.
Stellen Sie sich, vor die Online-Händlerin aus dem Beispiel oben operiert bei einem ROAS von 8 gerade so kostendeckend. Was wäre der Kapitalwert einer Investition in einen Marketing-Maschinen-Mix, der einen ROAS von 16 erwarten lässt?
Beispielberechnung
Zeitraum: fünf Jahre
Kalkulationszinssatz: 10%
Jahresumsatz: 500.000 €
Kaufpreis Maschine (Investition): 60.000 €.
Die Verminderung der Werbekosten ergibt einen Cash-Flow pro Jahr von 31.250 €, für den Kapitalwert gilt dann: Kapitalwert = – Investition + Summe der abgezinsten Cash-Flows
Kapitalwert = – 60.000 € + 28.409 € + 25.826 € + 23.496 € + 21.404 € + 19.409 € = 58.544 €
(Ja, ich weiß, in der Berechnung sind die Steuern nicht berücksichtigt. In diesem Fall könnte der Barwert noch höher sein: Investitionen in Werbung dürfen Sie zu 100% bei Anschaffung abschreiben.)
Fazit: Eine Steigerung der Klickrate von 2 % auf 4 % hätte für unsere Werbetreibende – bei gleichbleibender Konversionsrate – einen Barwert von fast 60.000 €.
Soviel zum Wert digitaler Assets. Aber woraus besteht so eine Marketing-Maschine denn eigentlich?
Komponenten des Marketing-Maschinen-Mix
Die Marketing-Maschinen bestehen im wesentlichen aus drei Bestandteilen. Zum einen aus Ihren digitalen Inhalten, sprich dem Content. Und zum anderen aus Metadaten, Software und Einstellungen, sprich der Konfiguration der Maschine. Und dann natürlich auch aus aus Hardware- Servern, Datenspeichern und Kabeln. Wenn Sie den Content nicht nur auf fremden Plattformen einstellen, brauchen Sie eine Domain und Hosting – das ist gemietete Hardware in einem Rechenzentrum mit schneller Internetanbindung.
Content
Content kann alles sein, was sich digitalisieren lässt:
- Anleitungen,
- Anzeigen,
- Aufsätze,
- Aufzählungen,
- Bücher,
- Buchbesprechungen,
- Collagen,
- Comics,
- Daten,
- Dokumentationen,
- FAQs,
- Fallstudien,
- Filme,
- Formulare,
- Forschungsergebnisse,
- Fotos,
- Geschichten,
- Glossare,
- Grafiken,
- Gutscheine,
- Handbücher,
- Infografiken,
- Interviews,
- Interaktive Grafiken,
- Illustrationen,
- Karten,
- Lexika,
- Listen,
- Mindmaps,
- Musik,
- Online-Kurse,
- Online-Rechner,
- Podcasts,
- Portfolios,
- Präsentationen,
- Preislisten,
- Produktbeschreibungen,
- Prospekte,
- Ratgeber,
- Rezepte,
- Quiz,
- Spiele,
- Tabellen,
- Top 10 Listen,
- Touren,
- Umfragen,
- Vergleichstests,
- Videos,
- Wörterbücher,
- Webinare,
- Zeichnungen,
- Zeitleisten,
- Zitate.
Ihre Investitionen in das Finden und Erstellen von Content stellt die eine Hälfte Ihrer digitalen Vermögensgegenstände dar.
Lesetipps zum Thema Content finden Sie in den Fußnoten.
Konfiguration
Die andere Häfte des Wertes Ihrer digitalen Assets besteht aus den Einstellungen Ihrer Onlinemarketing-Maschinen. Leider sind diese ungleich komplexer als die oben zur Illustration verwendeten Verbrennungsmaschinen (Oil Maschines) aus der beginnenden Industrialisierung.
Die Konfiguration der Maschine besteht aus Metadaten, Software und Einstellungen.
- Metadaten sind beschreibende Elemente von Content-Bestandteilen. Dazu gehören beispielsweise semantische HTML5-Auszeichnungen, barrierefreie Beschreibung von Alternativtexten für Grafiken, semantische Ontologien für Webseiten und vieles mehr.
- Software und Tools müssen nicht viel kosten. Im Gegenteil, einige der besten Tools, wie etwa das Server-Software-Paket LAMP (Linux-Apache-MySQL-php) oder die Content-Mangement-Software WordPress sind völlig kostenlos. Für die Verwaltung der Werbemittel stellen die Anbieter Online-Plattformen (Google AdWords, Twitter Ads, Facebook Adverts, LinkedIn Marketing Solutions, Instgramm) und Analyse-Software (Google Analytics) bereit. Auch die Suchmaschinen bieten hilfreiche Schnittstellen an (Google Webmaster Tools, Bing Webmaster Tools).
- Einstellungen – Wie Sie dieses Arsenal konfigurieren wird über Ihren Ihren Erfolg im Online-Marketing entscheiden. – Auf welche Suchbegriffe bieten Sie? Zu welchen Zeiten? Mit welchem Content? Auf welchen technischen Plattformen (Mobilgeräte – Tablets – Desktopcomputer und Notebooks)? Auf welchen Netzwerken und Plattformen schalten Sie Werbung? Für welche Zielgruppen? Auf welche Suchbegriffe bieten sie nicht?
Mit anderen Worten: diese Konfiguration ist die digitale Umsetzung Ihrer Strategie.
Zum Wert der Konfigurationen ein Beispiel. Wenn Sie laufende Kampagnen in Suchmaschinen analysieren, werden Sie feststellen, dass Ihre Anzeigen bei bestimmten Suchbegriffen kaum Klicks oder geringe Konversionen auslösen.
Durch Negativkeywords können Sie Ihre Klickrate erheblich steigern. Das “Einsammeln” dieser Ausschluss-Keywords wird Zeit und Geld kosten. Nach meiner Erfahrung kann damit die durchschnittlichen Klickrate einer Kampagne durchaus verdoppelt werden.
Was bedeutet dann der Aufbau einer Negativkeyword-Liste für den Wert Ihrer Onlinemarketing-Maschine? Hier geht es zur Beispielberechnung.
Fußnoten
1 Mintzberg “Five Ps For Strategy”
Henry Mintzberg in California Management Review, Berkeley, 1987 “The Strategy Concept I: Five P’s For Strategy”
Der Copyrightinhaber erlaubt das Versenden des Artikels per Mail. Bei Interesse an dem Artikel mir einfach eine kurze Nachricht schicken.
2 Produzentenrente
Hal Varian, Autor des Standardwerks Grundzüge der Mikroökonomik beschreibt die Produzentenrente als „Umsatz minus den variablen Kosten, oder gleichwertig, dem Gewinn plus den Fixkosten.“ Nun, das ist genau die Definition von Deckungsbeitrag.
3 Porter “What is Strategy?”
Michael E. Porter in Harvard Business Review No. 6, November/Dezember 1996 “What Is Strategy?” (deutsche Ausgabe: Harvard Business Manager 3–97 “Nur Strategie sichert auf Dauer hohe Erträge”)
4 Nicht so”
Negative Werbung – das geht auch Online. Beispiel vom 11. Juni 2017
Was bedeuten die Waschsymbole? Genau das wollte ich wissen. Und hier bin ich gelandet:
Schade. So behalte ich Ariel bestimmt nicht in guter Erinnerung. Das geht auch besser, etwa so wie bei Coral.
4 Ogilvy on Advertising”
David Ogilvy 1983 “Ogilvy on Advertising” (deutsche Ausgabe: 1984 “David Ogilvy Über Werbung”)
5 SERP Snippet”
Ein SERP Snippet ist die Abkürzung für Search Engine Result Page Snippet, also das was Ihre Zielgruppe als erstes sieht, wenn Sie in der Suchergebnisseite auftauchen. Bei der Google Suche könnte das etwa so aussehen:
Google ist nicht die einzige Suchmaschine. Aber mit 2 Billionen Suchen im Jahr mit Abstand die bedeutendste. Nr. 2 ist nicht Bing, sondern die zweitgröße Suchmaschine ist YouTube.
Und auch bei Amazon US werden über 1,5 Milliarden Suchen im Monat durchgeführt. Und so sieht dann ein SERP Snippet aus:
Mehr dazu? Die 10 größten Suchmaschinen.
6 Lesetipps zum Thema Content”
- Jan Tißler Was gute Online-Texte ausmacht.
- Jakob Nielsen How Users Read on the Web – Spoiler: They don’t (Englisch)
- Ein prima Einstieg ist der Beginner’s Guide to Content Marketing von MOZ (Englisch).
- Buzzumo The Magical Content that Gets Links and Shares (Englisch).
- Larry Kim What Quality Content Really Looks Like Today (Englisch).